Private Initiative soll Kärntens Tourismus retten
Sinkende Urlauberzahlen, überschuldete Hoteliers, fehlende Job-Perspektiven für die Jungen: Eine private Initiative will Kärntens Tourismus wieder konkurrenzfähig machen.
18.01.2001 | 00:00 | Arne Johannsen (Wirtschaftsblatt)
Spittal/Drau. Mal ist es zu viel Regen im Sommer, dann zu wenig Schnee im Winter. Ostern ist meist zu spät im Jahr und Pfingsten zu früh – oder umgekehrt. Entschuldigungen für sinkende Gästezahlen gibt es viele – Gegenkonzepte wenig. Eine private Initiative in Kärnten setzt jetzt neue Akzente. Kein Zufall: Österreichs südlichstes Bundesland ist vom Strukturwandel im Tourismus besonders betroffen.
Das Land zwischen Wörther See, Millstätter See und Weissensee hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als ein Drittel seiner Nächtigungen verloren. Konnten sich die Hoteliers in den achtziger Jahren noch über knapp 16 Millionen Nächtigungen pro Jahr freuen, sind es jetzt gerade noch zehn Millionen – Tendenz sinkend.
Region bedroht
„Ausser Tourismus gibt es hier nichts“, sagt Peter Kleinfercher, „und wenn es damit immer schlechter wird, ist die Region Oberkärnten bald tot.“ Der selbstständige Entwickler von Tourismusprojekten setzt daher auf Destinations-Management: Gemeinsam mit Baby-Hotel-Erfinder Sigi Neuschitzer und Wolfgang Eder, bis vor kurzem Tourismusdirektor von Bad Kleinkirchheim, will er die Region Millstätter See, Lieser-/Malta-Tal und Bad Kleinkirchheim/Nockberge zu einem „365 Tage Familienparadies Oberkärnten“ zusammenschweissen.
Zielgruppe Familien
Neuschitzer: „Die Region wird als natürlicher ,Familien-Themenpark‘ entwickelt, der ein massgeschneidertes Freizeit- und Urlaubsangebot bietet.“ So will Neuschitzer einen Ganzjahresbetrieb ermöglichen, mit 200 Vollbelegungstagen – bisher bringen es die Betriebe der Gegend im Durchschnitt gerade auf 80 Tage, an denen alle Betten belegt sind. Die Gründzüge des Konzeptes:
- 100 familiengerechte Hotels und Pensionen mit ca. 6000 Betten werden in einer Kooperation zusammengeschlossen.
- Schaffung einer familienorientierten, für die Urlaubsbuchung entscheidenden Ganzjahres-Infrastruktur mit Badelandschaften am Millstätter See, Erlebnis-Thermenbad in Bad Kleinkirchheim, vernetzt mit Kultur-, Freizeit- und Sportangeboten.
- Ein zentrales Management organisiert nicht nur das Angebot und den Web-Auftritt, sondern übernimmt auch Vermarktung und Verkauf.
Vier Mrd. Umsatz/Jahr
Das Ideen-Trio will so den Tourismus-Umsatz der Region von derzeit rund 2,5 Milliarden Schilling pro Jahr auf mehr als vier Milliarden kräftig anheben. „Durch die Kooperation der eingebundenen Gemeinden, Verbände und Hoteliers schaffen wir eine auch im europäischen Massstab konkurrenzfähige Dimension“, sagt Peter Kleinfercher.
Das Konzept, für das der engagierte Kärntner unermüdliche Überzeugungsarbeit leistet, ist ambitioniert – und es kostet viel Geld. In einer vierjährigen Aufbauphase sollen in Hotelbetriebe und die touristische Infrastruktur mindestens 1,5 Milliarden Schilling investiert werden.
Erste Zusagen über kräftige Landesförderungen gibt es bereits. „Die Unterstützung der Landesräte Pfeifenberger und Wurmitzer ist beispielhaft“, lobt auch Kleinfercher.
Allerdings: „Ganz ohne private Financiers wird sich diese sehr gute Idee nicht realisieren lassen“, fürchtet der Kärntner Tourismus-Chef Ferdinand Posnik. Kleinfercher sieht das zuversichtlicher: „Spielentscheidend ist die Schaffung eines konkurrenzfähigen Produktes und klare Stand-ortfaktoren. Für die Finanzierung gibt es einen Mix von Möglichkeiten: Von Angeboten der Tourismusbank und der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft bis zu EU-Förderungen. Und im privaten Bereich der Erlös von Veräusserungen bzw. die Einbringung von Immobilien als Eigenkapital.“
Ein weiteres Problem ist, dass für eine wirkungsvolle Kooperation zahlreiche kleine Lokalkaiser entmachtet werden müssen. Wie wirkungsvolles Destinationsmanagement funktioniert, exerziert die amerikanische Ski-Region Vail vor – derzeit das beliebteste Studienobjekt aller Tourismusmanager. Doch dort schafft eine Management-Gesellschaft gnadenlos an (siehe Artikel unten).
Der Kärntner Tourismusberater Manfred Kohl gibt dem Familienparadies dennoch gute Chancen: „Mit Kleinfercher, Neuschitzer und Eder sind dort sehr engagierte Macher mit grosser Überzeugungskraft am Werk. Ausserdem ist dieses Projekt für viele Hoteliers eine Frage von ,Sein oder Nichtsein‘.
Und Beach-Volleyball-Turniere in Kärnten sind nett, aber keine richtungsweisende Entwicklung.“
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